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Aktuelles

Gemeindenachricht

25-jähriges Jubiläum Geschichts- und Heimatverein


Festrede von Bürgermeister Rudolf Wuhrer

Herzlichen Glückwunsch zum 25-jährigen Jubiläum des Geschichts- und Heimatvereins Denkingen. Herzlichen Dank den damaligen Gründungsmitgliedern für den richtigen und mutigen Schritt in Denkingen einen Geschichts- und Heimatverein zu gründen.

Dank sage ich vor allem aber auch Ihnen liebe Frau Barbara Otto und Dank sage ich allen die in diesen 25 Jahren Verantwortung in diesem Verein und für diesen Verein getragen haben.

Seien es die heimatgeschichtlichen Beiträgen der Denkinger Geschichte oder die ganz praktisch Hand angelegt haben, etwa bei der Sanierung des Tagelöhnerhäuschen, dem Bau des Backhäusle, bei der Auszeichnung historischer Gebäude, dem Betrieb des Backhäusle oder bei den vielen Veranstaltungen des Vereins.

Bundeskanzler Helmut Kohl hat anlässlich einer Rede im Bundestag am 01. Juni 1995 zum Tag der Vertreibung folgenden Satz geprägt: „Wer die Vergangenheit nicht kennt, kann die Gegenwart nicht verstehen und die Zukunft nicht gestalten.“

In der Tat können wir ein Dorf, eine Stadt, eine Region oder ein Land nur verstehen, wenn wir dessen historische Wurzeln kennen, wenn wir uns der geschichtlichen Hintergründe bewusst sind. Diese Wurzeln aus der Vergangenheit prägen auch unsere Gegenwart.

Warum gibt es beispielsweise in Denkingen oder gar Rottweil eine Fasnetstradition und in Trossingen oder Tuttlingen nicht. Und diese Tradition umfasst einen ganz wesentlichen Teil unseres Jahresablaufs, beginnend vom 11. November über Drei-König, der eigentlichen Fasnet, dem Funkenfeuer bis hin zu Ostern.

Warum hat sich die industrielle Entwicklung gerade nach dem 2. Weltkrieg in der einen Gemeinde so und in der anderen Gemeinde eben anders entwickelt, siehe beispielsweise Denkingen und Gosheim.

Warum gibt es Städte und Gemeinden mit einem großen Bürgerstolz und Geschichtsbewusstsein und solche wo dieser Bürgerstolz eben weit weniger ausgeprägt ist.

Es sind in der Historie begründete Religionszugehörigkeiten, Herrschaftszugehörigkeiten, soziale und ökonomische Strukturen, Handelswege, bäuerliche oder städtische Strukturen und vieles mehr, was in der Vergangenheit den Ort geprägt hat und bis heute nachdrücklich prägt.

Nein Denkingen war nie ein großer Player in der Geschichte. Denkingen war nie Schauplatz einer bedeutenden Schlacht, durch den Ort sind keine Könige und Kaiser gezogen, der Ort hat keinen Bischof hervorgebracht und auch auf einen Schatz nationaler Tragweite warten wir bis heute und vermutlich auch in Zukunft vergebens.

Die Geschichte Denkingens ist die Geschichte der sogenannten kleinen Leute. Die Geschichte der Bauern und Tagelöhner, der Dorfpfarrer und Dorfschultheißen, der Untertanen und ihr Verhältnis zur Obrigkeit oft genug auch die Geschichte der am Rande der Gesellschaft stehenden.

Und genau dies ist der große Verdienst des Geschichts- und Heimatvereins Denkingen, den einfachen Leuten und deren Geschichte eine Geschichte, ein Erinnern zu geben.

Mit „Den Erinnerungen an den 2. Weltkrieg“ beispielsweise haben wir uns in Denkingen (noch vor der Gründung des Geschichts- u. Heimatvereins) intensiv mit denjenigen auseinandergesetzt die diesen Krieg ertragen und erleiden mussten. Gerade in diesen Tagen leider wieder hochaktuell.

Die offizielle Geschichtsschreibung befasst sich mit Schlachten und Strategien, mit politischen Hintergründen und führenden Persönlichkeiten. Die Auswirkungen deren Entscheidungen oder deren nicht entscheiden, aber mussten die Menschen ertragen die man gemeinhin das Volk nennt.

Da setzt die Erforschung der Denkinger Ortsgeschichte an. Und wenn auch in Denkingen nie große Geschichte geschrieben wurde, so war es die Dorfgemeinschaft und waren es die einzelnen Bewohner des Dorfes, welche die Folgen der Geschichte im positiven aber weit mehr noch im negativen erleben mussten. Insoweit hat die große Geschichte Denkingen geprägt und prägt es den Ort bis in unsere heutigen, wiederum schrecklichen Tage.

Geschichtliche Ereignisse haben das Leben in der Gemeinde verändert. Beispielhaft der Zuzug der Flüchtlinge und Heimatvertriebenen nach dem 2. Weltkrieg. Die bisher strikt katholische, bäuerlich geprägte Struktur hatte sich auf einen Schlag grundlegend geändert, ja es war der Aufbruch in eine vollkommen neue Epoche der Gemeinde und unseres Landes.

Die Industrialisierung hat die Landwirtschaft im Ort abgelöst und nicht nur Dunglegen verschwinden lassen und Fabriken entstehen lassen. Es hat auch das Selbstbewusstsein und die Lebenswelt der Einwohner grundlegend verändert.

Wir stehen wieder vor gewaltigen Herausforderungen und hier will es bei Stichworten belassen:

Digitalisierung

Transformation der Wirtschaft

Klimaschutz und Ausbau regenerativer Energie

Globalisierung

Und gleichermaßen erleben wir spätestens seit dem Krieg in Jugoslawien und erst recht seit der sogenannten Flüchtlingskrise wie auch in diesen Tagen mit den ukrainischen Kriegsvertriebenen, wiederum einen Einschnitt, welche das Dorf verändert.

Und gerade hierbei lehrt uns, wie es Mahatma Gandhi einmal ausdrückte, dass die Geschichte die Menschen lehrt, dass die Geschichte die Menschen nichts lehrt.

Ein wesentlicher Punkt dafür ist, dass sich die Menschen viel zu wenig mit der Geschichte auseinandersetzen, und dass kaum etwas mehr verfälscht wurde und wird wie die Geschichte. Jüngstes Beispiel sehen wir gerade auf erschreckende Art und Weise wie Russland die Geschichte der Ukraine und die eigene Geschichte verfälscht und so die Daseinsberechtigung der Ukraine als eigenständigen Staat absolut in Frage stellt. Muster der Geschichtsfälschung und Geschichtsverklärung wie wir sie vielfach aus der Geschichte kennen.

Geschichte wurde immer schon zu politischen Zwecken missbraucht und umgeschrieben, und wir neigen ja auch im ganz persönlichen Bereich und im familiären Umfeld die Dinge so zu drehen, dass sie passen.

Da wurde dann schnell nach der Kapitulation nach dem 2. Weltkrieg aus dem Volk der Täter ein Volk der Opfer und aus Tätern und Mitläufern Widerstandskämpfer. Wer sich aber der Geschichte, so schmerzvoll sie sein mag nicht stellt; wer Geschichte nicht kritisch hinterfragt, der wird in der Tat nichts aus ihr lernen.

Der Geschichts- und Heimatverein Denkingen hat nicht nur den Versuch unternommen, die Denkinger Historie so zu benennen wie sie war.  Er hat die Denkinger Geschichte mit großem Engagement und Faktenlage erforscht und beschrieben. Vom Außenseiter im Dorf bis hin zum Machtmißbrauch der Obrigkeit, vom harten bäuerlichen Alltag bis hin zu den Ursprüngen der Besiedlung unserer Gemarkung. Stein für Stein wurde von den vielen Autoren zu einem Mosaik zusammengetragen – zur Geschichte der Gemeinde Denkingen – zur Heimat Denkingen.

Ein Meilenstein war dabei sicherlich auch die Zusammenfassung der Denkinger Familien, durch das leider erst vor wenigen Wochen verstorbene Mitglied des Vereins Gebhard Fetzer. Wohl selten wird man in einer Gemeinde eine solche Ahnengalerie finden wie hier in Denkingen.

Ich möchte weiter an die vielen Arbeiten und Forschungen von Josef Fetzer, Willi Betting, Peter Streicher, Günter Luckner oder Hans Wachter erinnern und natürlich an den Erhalt des Tagelöhnerhäuschens oder den Bau des Backhäusle. Hier möchte ich stellvertretend für die vielen Helferinnen und Helfer Hermann Buschle erwähnen. Jeder, auch noch so bescheidene Beitrag zur Erforschung und Dokumentation unserer Heimatgeschichte, zur Erhalt eines Denkinger Geschichtsbewußtseins, ist eines der vielen Mosaiksteinchen unserer Geschichte.

Geschichte endet nie. Jeder Tag ist, wenn er zu Ende geht zur Geschichte geworden. Darum ist es wichtig, dass gerade auch Zeitzeugen möglichst nahe am Geschehen diese Geschichte dokumentieren. Ich sehe da in der Dokumentation der neueren Geschichte eine neue Herausforderungen unseres Geschichts- und Heimatvereins Denkingen.

Corona beispielsweise war ein tiefer Einschnitt in das Leben der Menschen, in das gesellschaftliche Leben, verbunden mit Einschränkungen, mit Ängsten und mit viel Einsamkeit und Leid. Diese Pandemie wird in die Geschichte eingehen, aber die Erinnerung jedes Einzelnen wird von Tag zu Tag ungenauer und verzerrter. Vielleicht ist gerade die Dokumentation dieser Pandemie auch Gelegenheit neue Mitglieder für Geschichte zu begeistern. Es geht auch hier um die Geschichte des kleinen Mannes.

Ich bin sicher, dass dem Verein die Themen nicht ausgehen werden und daher wünsche ich dem Geschichts- und Heimatverein viel Kraft, Geduld und Mut, die Gewinnung neuer Helferinnen und Helfer und weiterhin viel Erfolg.

Es liegen noch viele Mosaiksteinchen im Verborgenen, sammeln wir sie ein um die Geschichte unserer Heimat Denkingen laufend fortzuschreiben und neu zu entdecken.

Zum Jubiläum darf ich noch einen kleinen Beitrag der Gemeinde Denkingen, verbunden auch mit dem Dank der Gemeinde und dem Glückwunsch des Gemeinderats überreiche.

Herzlichen Glückwunsch.

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